Satellitenfoto des Pantanal vom 14. September 2020

Harald Malschitzky, Generalsekretär der Obra Gustavo Adolfo
(OGA) in Brasilien, schreibt uns über die Waldbrände und die Corona-Situation in seinem Land:

Wegen der Coronapandemie fällt momentan weniger auf, dass
die Waldbrände im Amazonasgebiet und besonders im Pantanal unkontrollierbar
geworden sind. Das Pantanal ist ein riesiges Gebiet in Mato Grosso, größtes Binnenfeuchtgebiet der Welt und Schutzgebiet für viele kleine
und große Tierarten. Gleichzeitig wird ein nicht kleiner Teil vom Pantanal auch
für Viehzucht genutzt. Es ist klar, dass ein Großteil der Brände absichtlich
gelegt wurde, besonders von Großviehzüchtern, die mehr Weideflächen wollen.

Hinzu kommen die Trockenheit und Riesenhitze (gestern in
Cuiabá 43°). Im März und April hat Bolsonaro die Gefahr heruntergespielt,
zahlreiche Spezialisten und Angestellte der Kontrollstellen für Urwaldschutz
gefeuert, die Gelder zum Teil gestrichen und den öffentlichen Nachrichtendienst
beschuldigt, Propaganda gegen ihn zu machen. Vor zwei Wochen hat das Umweltministerium ein Video auf Englisch veröffentlicht mit der
Überschrift „Amazonas brennt nicht“, in dem grüne Wälder und eine kleine
Affenfamilie gezeigt werden. Diese Affenart gab
es jedoch niemals im Amazonasgebiet, sondern nur in den Wäldern und Bergen von
Rio de Janeiro! Als der Verantwortliche darauf aufmerksam
gemacht wurde, meinte er, das Video sei für das Ausland

Vorgestern wurde Mato Grosso endlich zum Katastrophengebiet
erklärt, heute aber hat sich das Feuer auch auf den benachbarten Bundestaat
Tocantins ausgebreitet. Rauch- und Aschewolken ziehen über Brasilien. Selbst
hier im Süden haben wir Regen mit feiner Asche und die Sonne zeigt sich am Ende
des Tages nur noch als ein riesiger roter Ball! Ungeachtet dessen erklärte
Bolsonaro heute Morgen, wir seien das Land, das am meisten
für die Umwelt sorgt!

Zumindest die Zahlen von Coronaerkrankten und -toten sind in
den letzten Wochen leicht zurück gegangen– trotzdem haben wir zwischen 900
und 1 000 Toten täglich! Insgesamt haben wir bisher 137.000 Tote (Stand 21.
September). Obwohl die Regierungsstellen diesen kleinen Rückgang feiern, warnen
Infektiologen davor, die Isolierungsmaßnahmen zu schnell zu lockern. Aber: Die
Regierung ist zu optimistisch, die Wirtschaft macht Druck und die
Tourismusbranche möchte alle Möglichkeiten ausschöpfen, nicht zuletzt im
Hinblick auf die kommenden Sommerferien.

Bei der Wiederaufnahme des Schulunterrichts herrscht ein Durcheinander, je nach Bundesstaat oder Landkreis. Unsere Gemeindeschulen
starten nun langsam – immer nur für einige Klassen – den Präsenzunterricht,
staatliche Schulen nur zum Teil. Viele Eltern haben Angst, die Kinder bereits
jetzt in die Schule zu schicken. Andere wiederum wissen nicht mehr, wie sie die
Kinder noch zuhause behalten sollen. Dazu kommt, dass tausende Kinder
normalerweise ihre Hauptmahlzeiten in den Schulen bekommen.

Unsere Kirchen sind weiterhin geschlossen. Hier und da
versuchen kleine Gemeinden Gottesdienste mit wenigen Gemeindegliedern zu feiern. Dafür haben wir Gottesdienste und Andachten online in
Fülle; die Losungen wurden wohl niemals so oft verteilt, gehört oder gelesen wie
jetzt über Internet.

Viele hoffen und warten auf die Impfung. Es wächst jedoch
auch die Zahl derer, die radikal gegen die Impfung sind, oft aus religiösen
Gründen. Präsident Bolsonaro sagte vor zwei Wochen dazu: Niemand kann gezwungen
werden oder andere zwingen, geimpft zu werden!
Er hat wohl vergessen, dass er
noch im März eine Verfügung verabschiedet hat, dass der Staat die Bevölkerung
zur Impfung zwingen kann, wenn nötig.

Die Frage ist: Quo vadis?