Margit Kézdi, Referentin für Frauenarbeit in der
Evangelischen Kirche in Rumänien, erzählt uns zu Ostern von der schwierigen Lage in Rumänien in der Corona-Pandemie, zeigt aber auch, dass es Gründe zur Hoffnung gibt:

Vorstand der Frauenarbeit der EKR, rechts Margit Kézdi

„In Rumänien herrscht gerade Notzustand. Inzwischen wurde er
sogar bis Mitte Mai verlängert. Das

heißt im Klartext, dass Militär
und Polizei für Ordnung sorgen. Wir haben wegen strenger
Ausgehverbote und geschlossenen Läden einen schweren Alltag.
Senioren über 65 Jahre dürfen nur zwischen 11 und 13 Uhr raus, und
auch dann nur mit Atemschutzmaske, Kinder überhaupt nicht. Alle, die
einkaufen gehen, müssen ein ausgefülltes Formular dabeihaben, in
dem sie Name, Strecke und Grund eintragen müssen. Die Polizei
kontrolliert streng und verteilt Strafen an jene, die kein Formular
dabeihaben. Seit vier Wochen hören wir im Radio und im Fernseher
immer wieder: „Bleibt daheim! oder „Wir bleiben daheim“,
auch aus Polizeiautos ertönt mehrmals am Tag diese Warnung. Ja, es
ist streng und einengend, so ein eingeschränktes Leben haben wir
nicht mal in kommunistischer Zeit gehabt. Aber es muss sein! Wir
akzeptieren es. Unser Gesundheitssystem ist nämlich schlimm dran.
Z.B.: Das große Kreiskrankenhaus in Hermannstadt verfügte zu Beginn
der Pandemie über 12 Betten auf der Intensivstation und ist für das
ganze Umland zuständig. Dort gibt es erst seit wenigen Tagen den
nötigen Apparat, mit dem Corona-Tests gemacht werden können. Im
ganzen Land fehlen Fachärzte, Krankenschwester und das nötige
Pflegepersonal, es fehlen die Medikamente und die Sicherheitsanzüge,
die Mundschutzmasken, die Beatmungsgeräte… Unser Gesundheitswesen
könnte nur extrem wenige Menschen behandeln. Deshalb sind wir zu
Hausarrest verpflichtet worden, zu unserem Schutz.

Seniorenfreizeit 2019. Derzeit ist Umarmen nicht möglich.

Seit vier Wochen ist schulfrei. Wer Glück
hatte, darf Home Office machen. Viele sind arbeitslos geblieben. Seit
dreieinhalb Wochen ist alles geschlossen: Einkaufszentren, Kinos,
Theater, Museen, Parks, Friseursalons, Kirchen. Nur Lebensmittelläden
und Apotheken dürfen öffnen. Allerdings haben wir dank dieser
frühzeitig getroffenen, strengen Maßnahmen nur 4.000 bestätigte
Fälle und 160 Tote. Auch diese ergaben sich nur durch die Rückkehr
der im Ausland lebenden Rumänen, die vor allem aus Italien geflohen
sind. Und jetzt begraben sie ihre unschuldigen Anverwandten, die sie
selbst angesteckt haben…

Wandertag der Frauenarbeit 2019

Wir waren anfangs auch fassungslos und konnten mit uns und der
neuen, terminfreien Zeit nicht viel anfangen… Inzwischen hat sich
eine allgemeine Ruhe eingestellt, wir sind ausgeschlafen wie seit
vielen Jahren nicht mehr, und genießen einfach die Zeit in der
Familie. Die Kinder haben online Schulunterricht, aber nicht täglich
und nicht viel, sie lesen wieder gerne Bücher, ich habe Zeit für
Handarbeit, Backen und Gartenarbeit. Unterdessen ist der Frühling
ist eingezogen, die Störche und Schwalben sind zurück, die Vögel
zwitschern von frühmorgens bis spät abends, es blühen Obstbäume
und Blumen, es ist sonnig und warm hierzulande. Es ist einfach schön.
Seit drei Sonntagen dürfen wir leider keine Gottesdienste feiern,
allerdings sind so viele gottesdienstliche Angebote im Netz
einsehbar, dass es eine Freude ist, verschiedene Pfarrerinnen und
Pfarrer zu erleben. Wir erleben eine Verbundenheit, wir erleben Nähe
und Zusammenhalt, Fürsorge und Liebe, wie nie zuvor, und „warten
getrost, was kommen mag, Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, und
ganz gewiss an jedem neuen Tag“.“