Brasilien und die Gemeinden der IECLB

„In einer polarisierten Gesellschaft, die von einer populistischen Politik geprägt ist und in der mit Post-Fakten Wahrheit manipuliert wird und die eigenen Interessen im Vordergrund stehen, ist es eine große Herausforderung, Kirche zu sein“, bekennt der Generalsekretär der lutherischen Kirche (IECLB) Pastor Marcos Bechert im Gespräch mit dem GAW, als er die aktuelle Situation in seinem Land beschreibt. „Wir sind als Kirche dabei aufgerufen, die Einheit zu wahren. Für unsere Kirchenpräsidentin heißt das, dass sie allen Gruppen und Strömungen in der IECLB erst einmal zuhören will. Das ist nicht immer einfach, denn all die Polarisierungen in der Gesellschaft finden sich auch in der Kirche wieder. Derzeit ist Zuhören wichtiger, als zu den zahlreichen politischen Themen deutlich in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen. Das würde zusätzliche Spannungen in die Kirche bringen.“ Marcos Bechert erläutert das am Wahlverhalten in der Kirche. Zur Kirche gehören derzeit 650.000 Mitglieder. 1225 Pastor*innen arbeiten in der Kirche. Von ihnen haben 3/4 gegen den derzeit amtierenden Präsidenten gestimmt. Das Wahlverhalten der Gemeindemitglieder war dagegen umgekehrt. Das ist in den Gemeinden manchmal nicht einfach. Allerdings scheint die Stimmung langsam zu kippen. Die Zustimmungswerte für den Präsidenten sind auf 30% zurückgegangen. Man spürt, dass es einfache Lösungen nicht gibt, wie es der Präsident vorgibt. 

In diesem Kontext Kirche zu sein ist eine Herausforderung. „Wir sehen die rückläufigen Zahlen und wissen, dass wir als Kirche missionarisch sein müssen,“ sagt Marcos. „Im kommenden Jahr lautet deshalb das Jahresthema. „Das Amt aller Getauften“. Es soll zeigen, dass die Mission der Kirche von allen getragen sein muss.“ Er erläutert das missionarische Verständnis der IECLB. Die vier zentralen missionarischen Punkte sind: Kirche muss evangelisieren und Zeugnis in der Welt von ihrem Glauben geben, denn das Evangelium soll das Herz aller Menschen erreichen. Kirche muss Gemeinschaft leben. Kirche muss den Glauben feiern. Kirche muss sich diakonisch in Dienst nehmen lassen. Diese vier Kernpunkte sind unerläßlich und immer wieder bis auf Gemeindeebene mit Leben zu füllen und nachgedacht werden, ob es sich im Gemeindeleben zeigt. Gleichzeitig müssen diese vier Kernpunkte durch drei „Achsen“ begleitet und durchzogen werden: Als missionarische Kirche müssen wir unsere uns anvertrauten Menschen bilden, miteinander kommunizieren und nachhaltig leben.

Auf die konkrete Frage, wie sich das bei tagespolitischen Fragen wie z.B. den

Gespräch in der Kirchenleitung der IECLB;

ganz links Marcos Bechert

Bränden im Amazonas zeigt, wird die Herausforderung für die Kirche deutlich. Es gibt Gemeinden, die davon in der Vergangenheit gelebt haben, dass sie im Amazonaswald gebrannt haben, um Land zu gewinnen. das waren Kleinbauern. heute sind es in der Regel die großen industriellen Agrarbarone, die Rinder züchten und in großen Flächen Soja anbauen. Es gibt aber Gemeinden, die befürworten, dass Land genommen wird. Da dann Stellung zu beziehen und etwas zu sagen ist nicht einfach, denn die Pastoren sind abhängig von ihren Gemeinden. Sie bekommen ihr Gehalt direkt von ihnen. Zu diesem aktuellen Thema gibt es andere Themen, die auch in die missionarischen Herausforderungen gehören. „Wenn wir das Wort Gottes verkünden, dann kann uns nicht egal sein, wie es der Mehrheit der Menschen im Land geht. Die Armut wächst, der Rassismus grassiert, 30% der Jugendlichen erreicht nicht das Alter von 30 Jahren, die Umweltzerstörung und -verschmutzung ist gravierend, die Gesundheitsversorgung ist nicht flächendeckend gegeben, der Bildungsstand ist sehr niedrig.

„Wir sind eine brasilianische Kirche und es ist nicht egal, wie es den Menschen in unserem Land geht. Wir wollen Kirche für die Menschen sein und an ihrer Seite stehen und sie alle ermutigen, Zeugnis zu geben!“ sagt Marcos Bechert.