Ruben Goldmeyer, Vorsitzender der Rede Sinodal

mit dem Generalsekretär des GAW; das Plakat zeigt 

das Jahresthema der Kirche 2018

„Brasilien braucht einen Martin Luther! Das Land leidet unter Korruption und Vetternwirtschaft, einem schlechten Erziehungs- und Gesundheitswesen, unter Gewalt gegen Frauen und einer  zunehmenden Unsicherheit,“ erklärte im Septemberein bekannter brasilianischer Journalist in einer landesweit ausgestrahlten Talkshow. Dabei sei dieser Mann gar kein Lutheraner, so Ruben Goldmeyer, Vorsitzender des Bildungsnetzwerks „Rede Sinodal de Educação“ der Evanglischen Kirche Lutherischen Bekenntnises in Brasilien (EKLBB): „Als ich das im Fernsehen hörte, bekam ich Gänsehaut. Das war für uns Lutheraner etwas ganz Besonderes.“ 

Luther ist normalerweise kein Thema in Brasilien. „Wir sind eine Diasporakirche und in dem großen Land werden wir manchmal nicht wahrgenommen“, sagt Ruben Goldmeyer. „Was hier über die Reformation bisher bekannt war, war sehr dürftig. Man sprach von der Reformationszeit als von etwas Partikularem und Sektiererischem. Das Reformationsjubiläum hat nun hier im Land ein neues Bewusstsein geschaffen.“ 

Ruben berichtet, dass die EKLBB zunächst befürchtet hatte,dass die Jubiläumsfeierlichkeiten etwas Innerkirchliches bleiben und keine Außenwirkung in Brasilien haben würden. Doch nun beobachtet er das Gegenteil. In nicht unerheblichem Masse hat das Bildungsnetzwerk  dazu beitragen können. In der „Rede Sinodal“ der EKLBB sind 51 Schulen mit einigen Filialen (d.h. an die 70 Schulen) verbunden. Insgesamt werden mit diesen konfessionellen Schulen 45.000 Schüler erreicht. Mindestens 75 % der SchülerInnen gehören nicht zur EKLBB. Eltern schicken ihre Kinder auf die EKLBB-Schulen, weil diese einen sehr guten Ruf genießen. Inzwischen steigt auch das Interesse am Deutschunterricht wieder. 

Die „Rede Sinodal“ hat sich an den Feierlichkeiten in mit verschiedenen Schwerpunkten beteiligt. Es wurde z.B. von Lehrern und Pfarrern didaktisches Material zu Martin Luther, zur Reformation und zu wesentlichen Aspekten der reformatorischen Theologie erarbeitet, einsetzbar von dem Kindergartenalter bis zur 5. Klasse . Dieses Material steht inzwischen allen Schulen Brasiliens zur Verfügung und wird auch nachgefragt. Ein Theatertreffen der Schulen wurde organisiert. Zum Reformationsjubiläum fand ein großer Lehrerkongress für 800 LehrerInnen statt.  Dazu kam noch ein großes Konzert der Schulen mit 500 musizierenden SchülerInnen und 200 SängerInnen. Über 4.000 Menschen besuchten das Konzert.  Unter dem Motto „500 Jahre Reformation – 500 Schüler“ fand im Süden Brasiliens ein Schülertreffen statt. „Das Treffen war sicher eines der Höhepunkte. Jede Schule konnte Schüler zu diesem Freizeitcamp schicken“, sagt Ruben Goldmeyer. Er berichtet auch, wie sich langsam wieder eine Schulpastoral in den Schulen etabliert: „Wir arbeiten an unserem Profil als lutherische Schulen.“

„In unserem überschaubaren Kontext zeigt sich, welche Auswirkungen das Reformationsjubiläum hat. Es wirkt nachhaltig und ist nicht verpufft“ ist sich Ruben sicher. „Insgesamt ist in der brasilianischen Gesellschaft eine Sehnsucht nach einem Wandel, nach einer Reform – ja nach einer Reformation zu spüren. Es ist besorgniserregend, wie sich in den letzten Jahren das Bild Brasiliens  durch Korruptionsskandale, Machtmissbrauch und fehlende Erneuerungen im Bildungs- und Gesundheitswesen verschlechtert hat. Wenn man sich nach einem Martin Luther sehnt, ist dies ein Ausdruck für den Wunsch nach einer Neuausrichtung und einem politischen Wandel, der allen Menschen dient – und nicht einigen Wenigen!“