Evangelische Schule in Tripoli

Tripoli gilt als die Hauptstadt des sunnitischen Islam im Libanon. Sie ist mit 500.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes mit dem zweitgrößten Hafen. 85 km nördlich von Beirut gelegen, gilt die Region aber als ökonomisch vernachlässigt. Zudem leben hier 50.000 Alawiten. Zwichen Sunniten und Alawiten gab es und gibt es immer wieder Konflikte, bis hin zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Das hat auch die kleine evangelische Gemeinde immer wieder erlebt. Sie war einst eine der größten Gemeinden der National Evangelical Synod of Syria and Lebanon (NESSL). 80 Mitglieder hat die Gemeinde noch. Sie wird von Pfarrerin Rola Sleiman betreut, die erst Anfang 2017 ordiniert wurde – als erste Frau im Nahen Osten überhaupt. Darauf musste sie lange warten. Aber weil Rola Geduld

Pfarrerin Rola Sleiman (2.v.re.)

hatte, zudem lange als Prädikantin gewirkt und in der evangelischen Schule intensiv mitgearbeitet hatte, war es irgendwann an der Zeit, dass die Gemeinde die Ordination einforderte.

Die Schule bildet einen Schwerpunkt im Gemeindeleben in Tripoli. Zahlreiche Gemeindemitglieder sind dort angestellt. Vor drei Jahren wurde wurde das neue Gebäude der Schule eingeweiht, weil die Konflikte in Tripoli eine Verlagerung aus dem Stadtzentrum nötig machten. Nun steht ein großes modernes Gebäude zur Verfügung, in der die Gemeinde versucht, ihre Schüler zu gegenseitigem Respekt und zur Toleranz zu erziehen und sie zu lehren, den anderen auch dann zu achten und zu schätzen, wenn er oder sie eine andere Kultur oder Religion hat. 1050 Kinder – mehrheitlich sunnitische Schüler – besuchen die Schule. 5 % sind Alawiten, 1 % Christen. Im Gespräch mit der Schulleitung wird deutlich, wie der Bürgerkrieg bis 1989 und die noch länger dauernde syrische Besatzung die Region und die Menschen geprägt haben – und damit auch die Schüler. „Die Auseinandersetzung mit der täglichen Gewalt ist eine permanente Herausforderung“, sagt Rola. „Wir bräuchten noch mehr Psychologen im Team. Und wir haben die Arbeit mit den Eltern verstärkt, damit sie bei der Erziehung der Kinder helfen und nicht gegen die Schule arbeiten. Wir wollen mit Hilfe unseres christlichen Glauben heilend in die Gesellschaft hineinwirken!“

Und Rola erzählt weiter: „Es bleibt eine Herausforderung, Christen zu motivieren zu bleiben. Da spielt für meine Gemeinde die Schule eine wichtige Rolle.“

Bischof Ralf Meister

Landesbischof Ralf Meister zeigt sich beeindruckt, wie von den sieben Schulen der NESSL jede Schule in ihrer Region eine andere Prägung hat aufgrund des jeweiligen anderen Kontextes: 

„Es ist gut evangelisch, sich auf den Kontext des Schulortes einzulassen und vom Evangelium her das Wort von der Versöhnung mit Leben zu füllen. Gerade in einer so komplexen Gesellschaft wie der libanesischen ist das Zeugnis der evangelischen Christen eine Stärkung für eine offene Gesellschaft und damit friedensstiftend.“