Müde – so scheint es – stützt sich der Apostel Paulus auf sein „Schwert des Glaubens“ im Altarbild der Kirchenburg in Pretai in Siebenbürgen. Der Apostel Petrus auf der anderen Seite scheint auch etwas ratlos in die Zukunft zu schauen. Dadrunter ist der Bibelvers zu lesen: Mache dich auf und werde Licht! In der Sakristei liegt noch das Gottesdienstprotokollbuch der Kirchengemeinde, in dem notiert ist, dass am 1. Advent 2015 der letzte reguläre Gottesdienst in der Sakristei gefeiert wurde. „Drei ältere Menschen gehen von uns noch regelmäßig im Nachbarort in die Kirche“, sagt die Hüterin der Kirchenburg, die das schwere Eisentor öffnet, um in die verlassene Kirche zu gelangen. „Sieben Siebenbürger Sachsen wohnen noch in Pretai“, fährt sie fort. Inzwischen leben viele Roma im Ort und prägen das Straßenbild. Auch die Bestimmung des Pfarrhauses hat sich verwandelt. Ein Pfarrer ist hier schon länger nicht mehr. Gästezimmer wurden eingerichtet für Gruppen und Reisende, die hier Station machen wollen. In den Wirtschaftsräumen wurde eine Bauhütte eingerichtet. Hier erhalten junge Menschen die Chance, ein Handwerk zu erlernen. Sie tun das quasi am „lebenden Objekt“ an Pfarrhaus und der verlassenen Kirche von Pretai. 

Ob die Kirchenburg insgesamt damit saniert werden kann? Da ist die Zukunft offen. Oder wird sie mit Hilfe von Fördergeldern irgendwann saniert? Aber für wen? Wird hier wieder eine Gemeinde entstehen können? Mit wem? Die meisten Roma gehören einer Freikirche an…

Die Evangelische Kirche A.B. war mal eine große und stolze Kirche. Die Mehrheit der Mitglieder lebt inzwischen in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern. Ca. 12-13.000 Mitglieder sind übrig geblieben. Und es sind die vielen wunderschönen Kirchenburgen übrig geblieben. Nicht alle können als Gottesdienstort erhalten werden. 

Wie soll man aber mit den verlassenen und verfallenen Kirchenburgen umgehen? In der Kirchenverwaltung beschäftigen sich mit diesen Fragen die Stiftung Kirchenburgen. Touristisch werden etliche Kirchenburgen genutzt und zeugen so auch gut von dem, was mal gewesen ist. Nicht überall wird das gehen. Zu fragen ist, ob sie auch als Objekte natürlichen Zerfalls angesehen werden können und dass wir Menschen nicht alles halten oder behalten können. Wie kann neues unter neuen Bedingungen wachsen? Das hat immer mit Schmerz und Abschied zu tun. Nichts wird mehr so, wie es mal war. Dahinter birgt sich auch die Chance für segensreiche Veränderungen.

In Pretai steht das Wort: Mache dich auf und werde Licht! Das bleibt, auch wenn es vielleicht nicht mehr mit dem Kirchengebäude verbunden ist. Die Bauhütte ist aber ein kleine Lichtzeichen, dass Zukunft lebendig bleibt unter veränderten Bedingungen.