Ev. Kirchengebäude  in Exarchia

Alexandros Pipilios und Tim Coomar sind zwei junge Pfarrer der Griechischen Evangelischen Kirche, die in Exarchia arbeiten. Dieses Viertel ist das andere Athen jenseits von Akropolis und anderen touristischen Sehenswürdigkeiten. Der Staat hat hier quasi nichts zu sagen. Polizisten trauen sich nur in Truppenstärke in die engen Gassen. Es ist die Hochburg der alternativen Szene im Herzen Athens. Über Griechenlands Grenzen hinaus erlangte Exarchia traurige Bekanntheit. Von hier begannen die ersten Studentenaufstands gegen die Militärjunta, die das Land zwischen 1967 und 1974 regierte. Am 17. November 1973 gab es bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zahlreiche Tote. Dies war der Anfang vom Ende der Diktatur und begründeten den Mythos des Viertels als alternatives Zentrum. Genährt wird der Exarchia-Mythos auch von zwei Morden: Im November 1985 wurde der 15-jährige Schüler Michalis Kaltezas von einem Polizisten der Spezialeinheit MAT erschossen, am 6. Dezember 2008 traf eine Polizistenkugel den ebenfalls 15-jährigen Schüler Alexandros Grigoropoulos. Nach beiden Morden kam es zu tagelangen Straßenschlachten zwischen Exarchia-Bewohnern und der Polizei. Gebäude wurden beschädigt, Fensterscheiben eingeworfen – auch in der 1. Evangelischen Gemeinde der Griechischen Evangelischen Kirche. „Pfarrer Giotis Kantartis nahm danach einen Stein, mit dem ein Kirchenfenster zerstört wurde, als Symbol für diese fürchterliche Gewalt“, berichtet Alexandros. „Er sagte: Wir müssen etwas tun gegen diese Gewalt. Wir müssen lernen, die Gewalt zu überwinden!“ Und Alexandros erzählt davon, wie Mitglieder der Gemeinde begannen, in Exarchia aktiv zu werden. „Wir haben zuerst keine Gottesdienste gefeiert, sondern wir haben den Menschen zugehört. Wir wollten keine Antworten geben auf Fragen, die diese Menschen in dem alternativen, anarchistischen Viertel nicht haben. So begannen sie langsam, Vertrauen zu uns zu bekommen.“ Es gab in dem 26.000 Einwohnerviertel Athens keine christliche Kirche – auch keine orthodoxe Kirche. Seit 2013 hat die kleine Gemeinde in Exarchia ein eigenes Gebäude, das allerdings als Kirchengebäude nicht zu erkennen ist. „Das haben wir bewusst so gemacht“, erklärt Alexandros. „Es sprach sich dennoch schnell herum, dass wir da waren. Und es soll klar sein, dass wir keinen Proselytismus betreiben wollen. Wir wollen da sein, uns einbringen und ein Teil des Lebens der Menschen hier sein.“ Inzwischen gehören 60 Mitglieder der Gemeinde an. 100 weitere gehören zu den Sympathisanten der Gemeinde. Von Beginn an war die diakonische Arbeit wichtig – inzwischen sind viele Gemeindemitglieder in der Flüchtlingsarbeit aktiv und bringen sich ein.

Pastor Alexandros Pipilios, GS des GAW Pfr. Haaks

„Inzwischen sind wir ein Teil dieses Stadtviertels. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn es gibt in unserem Anarchistenviertel eine großes Skepsis und auch Ablehnung gegenüber Institutionen. Inzwischen wird aber unsere Meinung gefragt. Es gibt Anarchisten, die das erste Mal erfahren, dass ihre Anfragen und Kritik an Ungerechtigkeit in der Gesellschaft  durchaus zum Evangelium Parallelen aufweist.“

Alexandros arbeitet seit vier Jahren in Exarchia. Er sagt: „Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, an anderem Ort Pfarrer zu sein! Zudem ist die Gemeinde in Exarchia die erste Kirchenneugründung der Griechischen Evangelischen Kirche seit Jahrzehnten.“