Eine große Freikirche in Sao Paolo

In Brasilien gehört der Großteil der Bevölkerung zur katholische Kirche. Gleichzeitig bekennen sich immer weniger der 200 Millionen Einwohner zu ihr. In den 1970er Jahren wa­ren weit über 90 Prozent der Brasilianer Katholiken, heute sind es nur noch 64,6 Prozent. Das scheint weiter zu gehen. Das ist für die Kirche eine schwierige Herausforderung. Zunehmend haben den entstandenen Freiraum evangelikalen Freikirchen ausgefüllt. Insbesondere Angehörige der neuen Mit­telschicht finden in den „Neuen Kirchen‟ des Evangelika­lismus eine geistliche Heimat. Zählten die Freikirchen in den 1970ern noch knapp fünf Prozent der brasilianischen Bevölkerung zu ihrer Anhängerschaft, sind es heute mehr als ein Fünftel.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Urbanisierung und eine da­mit einhergehende Auflösung des klassischen katholischen ländlichen Milieus, Skandale innerhalb der katholischen Kirche in Brasilien und der Welt, allgemeiner Priesterman­gel sowie eine geringe Präsenz der katholischen Kirche in den Favelas. Experten erklären zudem, dass die katholi­sche Kirche im Gegensatz zu den Evangelikalen eher pas­siv bleibe. Regelmäßige Gottesdienste auf den Plätzen und in den Festhallen der Favelas, das Versprechen von Wun­dern und einer Neuauflage des Ablasshandels verheißenschnelle Lösungen der Alltagsprobleme. In den Vororten der Ballungszentren stoßen die Pfingstkirchen auf ein großes Echo. Nahezu zwei Drittel der pfingstkirchlichen Anhängerschaft verdienen nicht mehr als den Mindestlohn, die Analphabetenrate ist höher als im Bevölkerungsdurch­schnitt und 42 Prozent haben keine abgeschlossene Schul­ausbildung.

Auch im politischen Spektrum wird dieser Evangelikale Kontext interessant. Eine wichtige Interessens­vertreterin und Trägerin evangelikalen Gedankenguts ist die Sozial-Christliche Partei (Partido Social Cristão, PSC). Inzwischen ist die Partei im Parlament vertreten und vertritt gerade in ethischen Fragen konservative Anschauungen. (Quelle: ww.kas.de)