Emmanuelle Seyboldt mit den Theologiestudierenden
(Foto: Haaks)

„Wir hatten das Glück, vor wenigen Tagen eine GAW-Gruppe mit deutschen Theologiestudierenden hier in Paris zu empfangen und ihnen unsere kleine protestantische Kirche in Frankreichs vorzustellen. In unserer aktuell so verunsicherten und von Gewalt geprägten Welt, bedeutet es viel, sich gemeinsam als Kirche zu erkennen,“ schrieb Kirchenpräsidentin Emmanuelle Seyboldt von der Vereinigten Protestantischen Kirche von Frankreich (Eglise Protestante Unie de France – EPUdF). Es waren intensive Tage, um den jungen Engagierten im GAW einen guten Einblick in das Leben und Arbeiten in der Diaspora zu ermöglichen, sie zum Reflektieren einzuladen und sie für die Solidaritätsarbeit des GAW zu interessieren.

Lia Smetana (Foto: L. Smetana)

Eine von diesen Studierenden ist Lia Smetana. Sie hat auf ihrem Blog folgenden Text geschrieben:

„Vom 06. – 09. März bin ich zusammen mit 16 weiteren Theologietudierenden mit dem GAW nach Frankreich gereist, um zu erfahren, wie es ist evangelisch zu sein in Frankreich. 
Was ist daran besonders und warum muss man das erfahren? 
Ich habe bemerkt, dass ich erstens gar kein Wissen über die Situation der Protestant*innen habe und zweitens auch kein Bewusstsein hatte, wie anders andere Protestant*innen in anderen Ländern ihren Glauben leben (müssen). 
Schon seit dem 16. Jhd. formten sich protestantische Gruppen,  um ihren Glauben in Gemeinschaft zu leben. Das stieß aber auf Widerspruch und wurden sie seit Beginn an mit Religionskriegen konfrontiert  bis hin zu der sogenannten „Bartholomäusnacht“ 1572. In dieser Nacht wurden abertausende Protestant*innen – die sogenannten Hugenotten – umgebracht. 
Abendmahlsfeiern waren Geheimveranstaltungen – die Gläubigen brachten einen zusammengebauten Altar und eine Kanzel in Einzelteilen mit, um unerkannt zu bleiben. Sie waren nicht anerkannt als Glaubensgemeinschaft, bis Napoleon diese Anerkennung möglich machte.
Somit gab es dann im 19. Jhd. eine Erweckungsbewegung  bei welcher die Freiheit der Glaubensentscheidung gepredigt wurde. 
1905 wurde dann das Laizitätsgesetz verabschiedet mit einer klaren Trennung von Staat und Kirche. In der Folge mussten die protestantischen Kirchen ihre Kosten selbst übernehmen. Sie mussten Vereine gründen – auch für ihre sozialen Aktivitäten. Für die Kirchengebäude waren sie ab sofort selbst zuständig – es sei denn die Kirchen waren vor 1905 gebaut worden. 
In Staatlichen Schulen gab und gibt es gar keinen Religionsunterricht mehr. Protestantismus wurde ihm Rahmen von Geschichtsunterricht unterrichtet. Religion ist Privatsache und der Staat neutral. 
Insgesamt gibt es zwei Fakultäten (Paris, Montpellier); 406 Kirchengemeinden, 330 Pfarrer*innen und noch weitere 50 entsendete – 40-45% Frauen;  doch die Hälfte wird in den nächsten 10 Jahren in den Ruhestand gehen. 
Wir haben auch Studierende kennengelernt. Meistens beginnen sie das Studium nachdem sie schon was anderes gemacht haben (einer war zuerst Regisseur und hatte keinen Bezug zum Protestantismus,  doch er hatte sich dann doch entschieden, diesen Weg einzuschlagen). 
Zahlen der Mitglieder gibt es nicht, da keine Listen geführt werden. Es ist erschreckend wie anders es ist. Die Offenheit und Gastfreundschaft war überragend. 
Wir haben uns unterhalten und durften uns kennenlernen. Wir haben mit dem Pfarrer Dr. Ulrich Rüsen Weinhold, mit der Kirchenpräsidenten Emmanuelle Seyboldt, zwei Professoren, Studierenden gesprochen, waren im Studierendenwohnheim, im Maison Verte und in zwei Kirchengemeinden. Es war viel, aber es war schön. 
Es war aber nicht schön sich anhören zu müssen, was Menschen auf sich nehmen müssen, nur aufgrund der Entscheidung, an was sie glauben möchten und wie sie dies ausleben möchten, aber es hat mir auch Hoffnung gegeben. 
Da waren Menschen! 
Auch noch heute gibt es sie und sie arbeiten zusammen,  stärken sich und bleiben am Leben. 
Es ist so schlimm, dass wir erleben müssen, dass in so vielen Teilen dieser Welt, Menschen nicht frei sind und ihren Glauben bis heute nicht leben dürfen. Das tut weh. Aber es wird immer weiter gehen. Und wir müssen zusammenhalten und uns bewusst werden, dass wir verbunden sind mit so vielen anderen Menschen. 
Am Ende der Reise kamen wir in der Himmelfahrtskirche in Paris zusammen und haben gemeinsam Gottesdienst gefeiert. Der Pfarrer meinte, als wir alle um den Tisch standen und Abendmahl gefeiert haben, dass normalerweise nur um die 15 Leute um diesen Tisch stehen, doch er betonte, dass wir über diese Abendmahlsgemeinschaft hinaus mit so viele Menschen verbunden sind.
Das fand ich schön und bin dankbar für so viele tolle Menschen und für so viele weise Worte.“ (Quelle: https://abenteuerisraelblog.wordpress.com/2025/03/10/frankreich-und-protestantismus/)