In Aleppo haben unsere Partnerkirchen den 2. Advent gefeiert in der Hoffnung, dass sie eine sicher Zukunft in ihrer Heimat haben werden. Pastor Joseph Kassab, Präsident der NESSL (National Evangelical Synod of Syria and Lebanon), schrieb zu den aktuellen Ereignissen in Syrien am 2. Adventssonntag an die Partner:

Pastor Joseph Kassab (NESSL)

„Mit wenig Blutvergießen ist eine politische Ära in der Geschichte des syrischen Volkes zu Ende gegangen. Diese Ära hat die Syrer tief gespalten. Einige fürchteten den Wandel, da er eine ungewisse Zukunft mit sich bringt, während andere jede Veränderung als einen besseren Morgen betrachteten. Einige sahen die bloße Existenz eines Staates als Garant für die Sicherheit seiner Bürger, während andere den aktuellen Staat als ein Instrument der Ungerechtigkeit ansahen, das ein Hindernis für die Freiheit darstellt, nach der sie sich sehnten. Nur ein kleiner Teil der Syrer hatte von dem bisherigen Staat profitiert… Das ist nun Vergangenheit. Wir warten auf einen neuen Morgen in der Hoffnung auf stabile politische Verhältnisse.

Damaskus ist seit heute Morgen unter Kontrolle der Aufständischen, die die Macht übernommen haben. Seit ihrer Übernahme Aleppos haben sie darauf geachtet allen Bürgern, einschließlich den christlichen Minderheiten, Angst zu nehmen und ihre Sicherheit zu gewährleisten. Sie sollen keinen Schaden nehmen, denn das erklärte Ziel ist es, das Regime zu stürzen. Heute Morgen wurden die Gottesdienste in unseren Kirchen wie gewohnt abgehalten – wenn auch mit begrenzter Teilnahme –, da sich die Menschen Sorgen machen…

Heute beginnt ein neues Kapitels für Syrien und seine Bürger. Als Christen wollen wir Teil des Neuaufbaus sein, in dem alle Bürger – unabhängig von Religion, Konfession oder Glauben – Sicherheit und Schutz genießen. Wir hoffen auf einen Staat, der auf Gerechtigkeit und demokratischer Rechtsstaatlichkeit basiert, in dem alle Bürger gleich behandelt werden, unabhängig von ihren Zugehörigkeiten… Wir brauchen einen Staat, in dem die Wunden des Volkes geheilt werden und die Menschen in ihre Heimat und ihre Häuser zurückkehren können. Die Herausforderungen sind immens und fordern alle heraus… Gleichzeitig muss Syrien aufpassen, dass es nicht zur Spielfigur anderer geopolitischer Interessen wird…

Die Christen in Syrien stehen ein für Friedens und Versöhnung. Sie haben sich von Gewalt in den langen 14 Kriegsjahren ferngehalten… Das Erbe der Christen ist Liebe und Frieden in den 1.400 Jahren gemeinsamen Zusammenlebens mit den muslimischen Mitbürgern. Macht war nie das primäre Anliegen der Christen. Die Christen wollen als „Salz und Licht“ in der Gesellschaft dienen, in der sie seit mehr als zwei Jahrtausenden leben. Die Christen wollen in Freiheit ihren Glauben leben und beim Aufbau einer modernen, zivilen Gesellschaft mitarbeiten.

Wir bitten unsere Partner, die in den Krisenjahren an unserer Seite standen um ihre Gebete für Syrien und alle seine Bürger. Wir bitten sie, sich für die Zukunft Syriens einzusetzen und sicherzustellen, dass diese Zukunft ein Zufluchtsort für Sicherheit, Integration und Freiheit für die Christen ist, damit sie ihren Glauben ohne Unterdrückung oder Verfolgung ausüben können. Dies ist eine Zeit, um solidarisch mit den Christen in Syrien zu sein. Der Weg dahin ist zweifellos weit, aber die Gebete und die Hilfe sind wichtig.

Weihnachten erinnert uns an das tiefgreifende Geheimnis Gottes, der als Kind unter uns Mensch wurde. Während einige, wie Herodes, versuchten, ihn zu zerstören, bewahrte der Herr ihn, bis seine Mission erfüllt war. Mögen wir danach streben, der Heiligen Familie ähnlich zu sein, die ihn nährte und pflegte, sodass er in „Weisheit und Größe und in Gunst bei Gott und den Menschen“ wachsen konnte. Im Frieden Christi grüße ich euch!“