30 Jahre Ordination der Frauen in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien

Festschrift zum Jubiläum der Frauenordination. Foto: Evangelische Kirche A.B. in Rumänien

Bereits in den 1950er Jahren gab es erste Pionierinnen im Studium der Evangelischen Theologie in Rumänien. Keine dieser Frauen konnte jedoch die Abschlussprüfung ablegen, da der kommunistische Staat Frauen ab 1959 das Theologiestudium verbot. Hintergrund war, dass der Staat allen Bürgern einen Arbeitsplatz garantierte. Durch die vielen von der orthodoxen Kirche ausgebildeten Theologinnen, die in ihrer Kirche nur beschränkte Arbeitsmöglichkeiten hatten, kam der Staat allerdings in Verlegenheit. Die Theologinnen in staatlichen Institutionen wie Schulen anzustellen, hätte die atheistische Ausrichtung des Staates untergraben. Also war es einfacher, den theologischen Bildungsweg für Frauen zu blockieren, was auch die anderen Kirchen traf, darunter evangelische Minderheiten.

Zumindest eine dieser Pionierinnen in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR), Marlene Klein, schaffte eine halboffizielle Einsetzung ins Pfarramt in einer Gemeinde, die schon lange keinen Pfarrer mehr hatte. Für die Menschen in dieser Gemeinde galt sie als „unsere Pfarrerin“. In der Festschrift „Wege entstehen im Gehen“, die Pfarrerin Elfriede Dörr anlässlich des Jubiläums 30 Jahre Frauenordination herausgegeben hat, schreibt sie über Marlene Klein: „Sie empfand das als Erfüllung ihrer Berufung.“

Nachdem die politische Anspannung der 1950er Jahre verebbt war, wurden orthodoxe und reformierte Frauen wieder zum Theologiestudium zugelassen. Den Frauen in der EKR blieb dies allerdings verwehrt. Ihrer Kirche begründete es damit, dass es angeblich nicht genügend Gemeinden gäbe, die Frauen als Pfarrerinnen akzeptierten. Bereichernd ist im Buch der Blick auf andere evangelische Kirchen Rumäniens: Als die reformierte Kirche 1972 wieder Frauen für das Theologiestudium zuließ, bewarben sich auf die fünf Frauenplätze 35 Frauen. Für eine Zulassung brauchten sie wesentlich bessere Noten als ihre männlichen Kollegen. Die ungarischsprachige lutherische Kirche hatte schon in den 1950er Jahren die erste Pfarrerin, Irén Kiss.

1989 hat die EKR schließlich zwei Frauen – Renate Klein und Ortrun Rhein – erlaubt, Theologie zu studieren. Als sie fragten, ob sie auch Pfarrerinnen werden könnten, wurden ihnen gesagt: „Das werden wir dann sehen“. Im Interview berichtet Renate Klein von ihrer pfarramtlichen Abschlussprüfung im Liturgischen Singen: „Als Letzte kam ich dran. Ich wurde mit den Worten aufgefordert: ‚Na, kann die Renate das auch?‘ Ja, die Renate konnte das auch. Ich habe gesungen, bin aufgestanden und hinausgegangen. Zu den weiteren Prüfungen bin ich nicht mehr erschienen. Dass nach jahrelangem Hinhalten dann noch dieses Mindestmaß an gleicher Behandlung fehlte, war zu viel.“ Nach einem Studienjahr in Jerusalem promovierte sie in Hamburg und arbeitete als Dozentin für Altes Testament am Theologischen Institut in Hermannstadt. Heute ist sie für deutschsprachige Schulbücher in Rumänien verantwortlich und hält immer wieder Gottesdienste.

1994 beschloss die Kirchenleitung der EKR, Frauen zu ordinieren. Das gab ihnen zwar rechtliche Klarheit, doch die Kirchenleitung sah Theologinnen weiterhin vor allem in diakonischen und pädagogischen Berufen. Elfriede Dörr berichtet, wie sehr sie den Mangel an Weggefährtinnen und Vorbildern, anderen Pfarrerinnen, in Rumänien spürte und wie sie diese später im internationalen Kontext fand. Andere Frauen erwähnen Vorbilder in der Bibel wie die Richterin Debora. Doch die Wege entstanden im Gehen: 1999 wurde die erste Frau in der EKR zur Pfarrerin ordiniert.

Das Buch enthält lange und kurze Porträts von Theologinnen, darunter auch der ehemaligen GAW-Stipendiatin Monica Montsch. Die Darstellung in Lebensgeschichten macht das Buch spannend und gut lesbar. Die Geschichten zeigen die Verletzungen und Herabwürdigungen, die Frauen erleben mussten. In ihrem Nachwort schreibt Elfriede Dörr, dass ein Ziel des Buches auch sei, einen weiteren Schritt zur Heilung dieser Verletzungen zu gehen.

Das Buch „Wege entstehen im Gehen“ ist momentan ausverkauft. Beim Interesse kann Kontakt mit Sarah Münch (Frauenarbeit im GAW) aufgenommen werden unter frauenarbeit@gustav-adolf-werk.de

Ein Bericht einer der ersten ordinierten Pfarrerinnen der EKR, Hildegard Servatius-Depner, ist im Magazin „Evangelisch weltweit“ 3/2024 erschienen und auf der Internetseite des GAW zugänglich: Ein Werden und Wachsen. 30 Jahre Frauenordination in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien