„Unsere Christophorigemeinde ist die einzige lutherische Gemeinde, die noch regelmäßig deutsche Gottesdienste anbietet“, sagt Pfarrer Karol Dlugosz, der die Gemeinde seit drei Jahren leitet. „Aber inzwischen ist sie eine internationale Gemeinde geworden. Es kommen auch Polen, Ukrainer und Briten. Manchmal ist das eine Herausforderung, denn es fordert von allen Rücksichtnahme auf die Herkunft des/der jeweiligen anderen. Aber das macht doch Kirche erst aus!“
Ca. 100 Gemeindemitglieder hat die Christophorigemeinde. Zu den Gottesdiensten kommen mindestens 50-60 Personen. Oft sind auch deutsche Touristen da, denn die Kirche liegt im Herzen Breslaus (polnisch Wrocław). Nach der Reformation wurde die Gemeinde lutherisch. Ausgerechnet diese Gemeinde war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unter den mehr als 20 lutherischen Gemeinden in Breslau diejenige, die in polnischer Sprache arbeitete. Ansonsten war Breslau vor dem 2. Weltkrieg deutschsprachig. Aktuell sind in der Stadt nur zwei lutherische Gemeinden übrig geblieben – eine größere, rein polnischsprachige, und eben die Christiophorigemeinde.
Die Christophorigemeinde kümmert sich mit ihrer Diakonie u.a. um Geflüchtete aus der Ukraine. Die Gästezimmer waren über Monate nach dem Kriegausbruch mit Geflüchteten belegt. Sprachkurse werden bis heute angeboten und weitere Hilfe geleistet. Dazu kommt die Sorge um die deutschsprachigen Schlesier, die nach dem 2. Weltkrieg geblieben sind. „Die Schicksale berühren mich“, gibt Karol zu. Und er betont im Gespräch, dass sich Polen und Deutsche viel mehr gegenseitig ihre Geschichten erzählen müssten. „Die Versöhnungsarbeit ist noch lange nicht vorbei.“
Das Pfarrhaus liegt in einem anderen Stadtteil an der ehemaligen Gustav-Adolf-Kirche, die 1932 mit kräftiger Unterstützung des GAW im Bauhausstil errichtet wurde. Das war damals ein Kraftakt in Zeiten der Weltwirtschaftskrise. Die Gemeinde vermietet die Kirche derzeit an eine Freikirche. Die Christopherigemeinde hätte nicht die Kraft und die Menschen, um dieses große Kirchengebäude mit Leben zu füllen. 1945 wurde die Kirche der polnischen lutherischen Kirche übergeben. Bis 1947 konnte sie noch genutzt werden. Dann machten die Kommunisten daraus ein Kino. Bis in die 1990er Jahre blieb das so. Als die Gemeinde das Gebäude wiederbekam, gab es Unmut in der Nachbarschaft. Das hat sich zum Glück gelegt. Das Pfarrhaus ist großzügig und bietet Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste an (https://www.booking.com/hotel/pl/pokoje-goscinne-parafii-ewangelicko-augsburskiej-na-sepolnie.pl.html).
„Die Gemeinde hat Potenzial in Breslau“, ist sich Karol sicher. „Doch wir sind angewiesen auf Kooperationen. Vernetzungen sind wichtig, damit wir bekannt werden. Wir sind vergleichsweise wenig – aber mit einer Vision, dass die Botschaft von Jesus Christus Versöhnung bringt in unsere Welt, die das so dringend braucht.“
Mehr zur Gemeinde: https://www.facebook.com/luteraniewro
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