1997 besuchte Nicolás Rosenthal zum ersten Mail Jassinya, den Geburtsort seines Vaters in Transkarpatien in der Ukraine. Kurz vor der Besetzung durch die Nazis war seine Großmutter mit ihrem achtjährigen Sohn von dort auf abenteuerliche Weise über Rotterdam nach Argentinien geflohen.
„Du findest viele solcher Geschichten in Argentinien und gerade auch in unserer Kirche, der Evangelischen Kirche am La Plata“, erzählt Nicolás im Gespräch.
1997 war Nicolás Rosenthal Delegierter seiner Kirche bei der Vollversammlung des Reformierten Weltbundes in Debrecén in Ungarn. Am Sonntag gab es die Gelegenheit, einen reformierten Gottesdienst entweder in Ungarn, Rumänien, der Slowakei oder der Ukraine zu besuchen. Nicolás entschied sich für die Ukraine und nutzte die Chance, um den Geburtsort seines Vaters zu besuchen.
Der Ort Jassinya , dessen Name auf Deutsch „Esche“ bedeutet, gehörte bis 1919 zu Österreich-Ungarn. Ein Großteil der Bevölkerung war russinischsprachig, aber die Leute sprachen auch Deutsch und Ungarisch. Nach dem 1. Weltkrieg kam die Region bis 1939 zur Tschechoslowakei. In der Schule lernte Nicolás Vater, der 1930 geboren wurde, Tschechisch.
Als die Wehrmacht nach dem Münchner Abkommen vom September 1938 in das Sudetenland einmarschierte, riet ein naher Verwandter Nicolás Großeltern, das Land zu verlassen und mit nach Argentinien auszureisen. Aufgrund der jüdischen Herkunft der Großeltern gab es eine Vorahnung. Doch der Großvater blieb. Er wollte seine Heimat nicht verlassen.
In Jassinya suchte Nicolás das Grab seines Großvaters. Er war noch vor dem Einmarsch der Wehrmacht verstorben und auf dem jüdischen Friedhof beerdigt worden. Der Friedhof war jedoch wie in vielen Orten in Transkarpatien verwüstet. Jüdisches Leben gibt es nicht mehr.
Auch Nicolás Familie mütterlicherseits hat jüdische Wurzeln, obwohl seine Großvater in Wien lutherisch getauft war. Wie die Familie zusammenkam, ist eine abenteuerliche Geschichte, wie sie nur durch die Wirren und Katastrophen des 20. Jahrhunderts zu verstehen ist – die beiden Weltkriege, die Verfolgung der Juden, die Flucht über den Antlantik an den la Plata und der Aufbau eines neuen Lebens fern der Heimat. Flucht und Vertreibung …
Nicolás selbst kam durch die Jugendarbeit schließlich zur Evangelischen Kirche am La Plata (Iglesia Evangélica del Río de la Plata – IERP). Inzwischen leitet er seit etlichen Jahren die Diakonie seiner Kirche, „Hora de Obrar“.
Vor Kurzem erreichte uns von der IERP die Bitte, einen Kollektenaufruf zu schreiben, um in den evangelischen Gemeinden am La-Plata-Fluss für die Ukrainenothilfe des GAW, insbesondere in Transkarpatien zu sammeln. Das GAW unterstützt in diesen Kriegszeiten die Arbeit der Refomierten Kirche in Transkarpatien mit seinen Partnerkirchen.
Auch Sie können uns dabei unterstützen:
Gustav-Adolf-Werk e.V.
Stichwort: Ukrainenothilfe
KD-Bank Dortmund
IBAN: DE42 3506 0190 0000 4499 11
BIC: GENODED1DKD
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