„Gut wäre es einen „Día de la Raza“ zu feiern“, dachte 1913 auf der Ibero-Amerikanischen Konferenz ein spanischer Minister. Man wählte dafür den 12. Oktober, den Tag, an dem Kolumbus „Amerika entdeckte“. Bis heute ist dieser Tag in allen lateinamerikanischen Staaten Nationalfeiertag.
„Día de la Raza“– deutschen Ohren hören eventuell die ganze Geschichte einer verqueren Rassenideologie heraus. – Als ich den „Dia de la Raza“ zum ersten Mal in Chile miterlebte, hatte ich zwiespältige Empfindungen. Diese wurden bestätigt durch eine politische Debatte, die schließlich die Umbenennung in den „Tag der Entdeckung zweier Welten“, um auszudrücken, dass die Geschichte des amerikanischen Kontinents nicht mit Kolumbus begann. Hugo Chavez in Venezuela ließ den Tag umbenennen in den „Tag des indigenen Widerstandes“. In Spanien lebt man seine „Hispanidad“. In dem Armenviertel, in dem ich in Santiago de Chile arbeitete, wurde dieser Tag als „Tag der Amerikas“ zelebriet. Schüler gaben in ihren Darbietungen eine Vielfalt und Lebendigkeit der Völker und Staaten Amerikas wieder. Die große Sehnsucht dahinter: Es mögen doch alle eins sein.
Der Tag hat sich verändert. Und doch bleibt die Frage hinter der Entwicklung diese Tages: Was eint Menschen? Was eint einen Mapuche-Indianer mit einem spanischen Einwanderer? Was eint Guaranis mit italienischen Einwanderern? Die Sprache verbindet – aber nur bedingt. Wie kann man in einer multikulturellen Gesellschaft versöhnt zusammenleben? Wie kann es Gerechtigkeit und Teilhabe für alle geben? Wie kann man eine Gesellschaft des friedlichen Miteinanders bauen, in der es keine Parallelwelten gibt?
Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ Dieser große Traum eint alle Menschen christlichen Glaubens. Es mögen alle eins sein. Keine Unterschiede mehr, kein oben oder unten, keine Ungerechtigkeit, sondern verbunden in einer Hoffnung von Gott, der will, dass alle eins seien! – Enno Haaks
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